Großes Theater um die Schiller-Oper

Das Bild des Elends hat sich schon fest auf der Retina eingebrannt. Jeden Tag blicke ich auf diesen krankenden Koloss, der sich seinen Platz mit Größe und Eindringlichkeit erobert und ihn auch nach Jahrzehnten des “Nichtstuns“ und Leerstands nicht aufgegeben hat. Ein Kranker, um den sich keiner kümmert geht elendig zugrunde. Es ist ein leidvoller Prozess, dieser langandauernde, unaufhaltsame Verfall. Doch der tägliche Blick von Fenster oder Balkon enthüllt auch kleinste und kuriose Details, die einem ein Lächeln entlocken: Ein Buchstabe ist verrutscht, jetzt steht da “chiller“. Umgekippte Fenster geben unerwartete Durchsichten frei. Graffitis “hübschen“ bröckelnde Mauern kunstvoll auf. Pflanzen krallen sich in Mauerritzen und auf dem Dach fest und abends lässt der Sonnenuntergang die Laterne im zarten Licht schimmern und das Fotograf_Innenherz höher schlagen.



Uns Anwohnern_Innen ist die Zirkusruine irgendwie ans Herz gewachsen. Manch ein_e träumt davon, dass die Schiller-Oper in alter Pracht erstrahlt. Einige würden am liebsten alles plattmachen und wieder andere glauben, dass am besten alles so bleiben sollte, wie es jetzt ist. Lieber die Ruine stehen lassen, da weiß man was man hat. Das hätte ja auch etwas tröstliches: Das Vertraute behalten. Doch mit einer/m neuen Investor_In steht jetzt unabwendbar eine große Veränderung für die Schiller-Oper und uns Anwohner_Innen an. Das erschüttert uns und rüttelt uns auf. Wir fragen uns, was mit unserem standhaften Stahlkoloss passieren wird.



Erneuerung und Veränderung sind erwünscht, sie zu verkraften und zu akzeptieren ist dennoch schwer. Erst recht, wenn man selbst von der Planung und Neugestaltung komplett ausgeschlossen wird. Die Schiller-Oper-Initiative wünscht eine Bürgerbeteiligung. Wir setzen uns mit Nachdruck für den Erhalt der unter Denkmalschutz stehenden Stahlrotunde ein. Wichtig ist uns, dass dieses geschichtsträchtige Objekt wegen seiner Historie und der denkmalgeschützten Stahlkonstruktion nicht einfach finanzkräftigen Investor_Innen überlassen wird, ohne die Öffentlichkeit in die Planung mit einzubeziehen. Leider plant die Schiller-Oper-Objekt GmbH bisher alleine. Angebote von unserer Seite, sich zu einem kreativen und konstruktiven Austausch zu treffen, wurden wiederholt ausgeschlagen. Wir sind bewusst frühzeitig an die/den neuen Eigentümer_In herangetreten. Doch leider werden Bauplan und Konzept hinter geschlossenen Türen und ohne unser Mitwirken erdacht. So bleibt es fraglich, ob eine Anwohner_Innen-Beteiligung am Ende noch möglich sein wird.
Wir geben nicht klein bei! Wir setzen uns mit vereinten Kräften für die Schiller-Oper und unser Viertel ein. Bei unserer letzten Aktion: „Was für ein Theater - Vorsicht Einsturzgefahr!“ hatte die Schiller-Oper-Initiative am 22.04.2016 die Schiller-Oper mit Flatterband “abgesichert“. Bei herrlichem Sonnenschein, mit Helmen und Sicherheitswesten ausgerüstet, klebten wir bunte Plakate der an die Mauern und spannten ca. 250 Meter, rot-weißes Flatterband um die gesamte Schiller-Oper, um wieder einmal auf das Gebäude und seine ungesicherte Zukunft aufmerksam zu machen.
Den sperrigen Gebäudekomplex nehmen viele nur als schmuddelige Ruine und Leerstand wahr. Sie laufen an den Mauern mit den bunten Graffitis vorbei ohne etwas von der wechselvollen Geschichte zu erahnen. Den meisten Hamburger_Innenn ist die Schiller-Oper sogar völlig unbekannt. Das wollen wir ändern! Unsere Aktionen erwecken den ehemaligen Zirkusbau, der etwas abseits der üblichen Laufwege im Viertel steht, aus seinem jahrelangen Dornröschenschlaf.



Der alternative Bebauungsentwurf von Architekt Dirk Anders kommt schon bei den Anwohner_Innenn, dem Denkmalschutzamt und Politiker_Innen gut an und soll einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden. Wir diskutieren regelmäßig über die Zukunft der Schiller-Oper und planen neue Aktionen.
Wichtige Themen sind mögliche Wohnformen, aber auch die Verträglichkeit von gewerblicher Nutzung. Wir laden alle ein, sich zu beteiligen.

Die nächsten Termine: 

03.06.2016 von 14.00 h – 20.00 h:
Infostand auf dem Straßenfest “10 Jahre Haus der Familie“, Bei der Schiller-Oper.

13.06.2016, 19.00 h:
Offenes Planungstreffen im Pantherhaus, Lerchenstr. 37.
Alle sind herzliche eingeladen!

11.09.2016, ganztägig:
„Tag des offenen Denkmals“. Hier haben wir die Schiller-Oper angemeldet und würden gerne an diesem Tag ein kleines Straßenfest realisieren. Mitmacher_Innen gesucht!

Eure Christine Arisoy-Freitas.

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